Jeder MiGeL-Rappen zählt
Es gab Zeiten, und die sind noch gar nicht so lange her, da wurde die Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) systematisch revidiert, auf Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft, der preislichen Entwicklung angepasst und bezüglich Anwendbarkeit verbessert. Das war in den Jahren 2015 bis 2021. Seither sorgt die MiGeL im Bereich der Langzeitpflege bei allen Beteiligten für mehr Arbeit denn je. Schon minimale Beiträge verursachen einen maximalen Aufwand. Und als wäre das nicht genug, funkt manchmal noch das «System» dazwischen, wie diese Geschichte zeigt.
Der ganz normale Alltag
Im Zentrum der heutigen Geschichte steht eine MiGeL-konforme Rechnung, die ein Alterszentrum bei einer Krankenversicherung eingereicht hatte. Gegenstand der Rechnung waren zwei Spüllösungen à 65 Rappen pro Stück.
Dass Langzeitbetriebe gezwungen sind, solch winzige Beträge einzeln abzurechnen und dass die frühere Pauschalvergütung viel praktikabler war, wollen wir an dieser Stelle gar nicht kommentieren. Weiter geht es hier ebenfalls nicht um den administrativen Aufwand oder um die damit verbundenen Kosten. Wir wollen auch nicht extra betonen, dass der Wechsel hin zur Einzelverrechnung in den Alters- und Pflegeheimen kostenintensive Systemanpassungen, Prozessumstellungen und Veränderungen bei der Lagerbewirtschaftung nach sich zog. Und die unzähligen Einzelquittierungen und endlosen Abklärungen bei den Krankenversicherern sind erst recht nicht der Rede wert. Schliesslich gehört das alles zum ganz normalen Bürokratie-Wahnsinn, der den Alltag von Alters- und Pflegeinstitutionen prägt.
Auch dass die Krankenversicherer eine MiGeL-Rechnung zurückweisen, ist nichts Spezielles. Was unsere kleine Erzählung aber besonders macht, ist die Art und Weise der Beanstandung – und die Art und Weise der Problemlösung.
Wiedersehen macht keine Freude
Einige Zeit nach dem Versand der erwähnten Rechnung erhielt das Alterszentrum eine Nachricht. Darin informierte der Krankenversicherer, dass im Kundenportal ein Dokument zum Download bereitstehe. Das Alterszentrum, das bisher nichts von der Existenz eines Kundenportals wusste, folgte den Anweisungen, loggte sich mittels Einmalpasswort ein und fand – Sie ahnen es – die eigene Rechnung vor. Diese wies allerdings eine interessante Neuerung auf: Der Rechnungsposten mit den beiden Spüllösungen à je 65 Rappen war gelb markiert.
Dem Rätsel auf der Spur
Da keine weitere Erklärung beigelegt war, konnte das Alterszentrum mit der gelben Markierung herzlich wenig anfangen. Die telefonische Nachfrage brachte auch kein Licht ins Dunkel: Der zuständige Sachbearbeiter war zwar sehr hilfsbereit, hatte aber keine Ahnung, was die rätselhafte gelbe Hervorhebung zu bedeuten hatte. Fakt sei: Das «System» prüfe alle Rechnungen und weise diese nötigenfalls automatisch zurück. Ganz offensichtlich habe das «System» nun etwas entdeckt, das nicht in Ordnung sei. Er gehe der Sache gerne nach und würde sich bei Bedarf wieder melden.
In Luft aufgelöst
Die Wochen zogen ins Land, und die Krankenversicherung liess nichts mehr von sich hören. Da die Kommunikation erwiesenermassen nicht zu ihren Stärken zählt, war das aber nicht weiter verwunderlich. Dafür zeigten die Bemühungen und Abklärungen des Sachbearbeiters auf einer anderen, viel entscheidenderen Ebene Wirkung: Das vom «System» beanstandete Problem löste sich in Luft auf – und eines schönen Tages ging auf dem Konto des Alterszentrums der Betrag von CHF 1.30 ein.
Und die Moral von der Geschicht’?
Die versprochene Wirtschaftlichkeit gibt’s bei MiGeL nicht – weder für die Alters- und Pflegeheime noch für die Krankenversicherer. Die unschönen Zusatzaufwände und Leerläufe sind inzwischen so sehr an der Tagesordnung, dass viele in MiGeL vor allem eines sehen: eine «Mitarbeiter- und Geldverschleiss-Liste».
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