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Unbezahlbare Betreuung?!
Es war einmal eine Altersinstitution, die neben Pflegeheimplätzen auch Betreutes Wohnen mit Spitexleistungen sowie Alterswohnungen anbot – und das noch heute tut. Eine ideale Kombination und ein besonderes Plus für die Mieter der Alterswohnungen. Sie wissen, dass sie bei Bedarf jederzeit Hilfe des Heim- oder Spitex-Teams erhalten. Wie diese Hilfe konkret aussehen kann, zeigt diese Geschichte. Und sie beschreibt auch, wie lausig unser Gesundheitssystem gezieltes Handeln im Interesse von Unterstützungsbedürftigen zuweilen honoriert.

Ein Notfall, zwei Betroffene
In besagten Alterswohnungen lebte ein Ehepaar, beide über 90 Jahre alt. Er, ein grosser, an Demenz erkrankter Herr. Sie, eine noch rüstige Dame, die für ihren Mann sorgte, ohne je externe Hilfe zu beanspruchen. Das ging lange gut. Bis zu dem Tag, als die Frau plötzlich heftige Schmerzen im Brustkorb verspürte. Sie biss auf die Zähne, kochte trotz allem das Mittagessen und kümmerte sich wie gewohnt um ihren Mann. Bis eine zweite Schmerzattacke sie zwang, Hilfe anzufordern – und eine dritte Attacke ihr das Bewusstsein raubte. Die drei Herzinfarkte machten eine sofortige Hospitalisierung durch die herbeigerufene Ambulanz notwendig. Damit bekam die Patientin genau die Hilfe, die sie benötigte. Doch wie ging es ihrem Mann dabei?

Verstört, unruhig und renitent
Der betagte Herr verstand nicht, weshalb seine Frau plötzlich nicht mehr da war. Er reagierte verstört, unruhig und renitent. Für die zur Hilfe geeilten Fachleute der benachbarten Pflegeinstitution war klar: Nie und nimmer konnte er alleine in der Wohnung bleiben. In Absprache mit den Angehörigen vereinbarten sie, umgehend ein Pflegebett für ihn zu suchen. Das nahm einige Zeit in Anspruch, da in der Pflegeinstitution vis-à-vis keine Plätze frei waren. Um die Zeit bis zum Heimeintritt zu überbrücken, nahm die Pflegeinstitution den nervösen, weglaufgefährdeten und verängstigten Herr in ihr Tagessetting auf. In der Nacht wurde er in seinen eigenen vier Wänden betreut. Dafür wurde eine Sitznachtwache organisiert, die ihn beruhigte, wenn er im Dunkeln durch die Wohnung irrte und seine Frau suchte und ihn begleitete, wenn er auf die Toilette ging.

Wer soll das bezahlen?
Die Pflegeinstitution hatte in beiden Fällen schnell, patientenorientiert und wirksam gehandelt: Die alte Dame lebt heute wieder in ihrer Wohnung. Ihr Ehemann konnte in eine auf Demenz spezialisierte Institution eintreten.
Was ganz offensichtlich im Interesse des Ehepaars war, widersprach aber den praxisfremden Paragrafen der Krankenkasse: Sie lehnte die Bedarfsmeldung zum grössten Teil ab. Ihre haarsträubend saloppe Begründung: «Wir haben unsere Vorgaben, Sie und Ihre Institution haben die Ihrigen. Wie Sie oder die Familie die finanziellen Fragen lösen, das müssen Sie selber wissen.» Einzig die nächtliche Begleitung zur Toilette wurde als Pflegeleistung akzeptiert. Von den insgesamt 40 geleisteten Stunden wurden gerade einmal 5 vergütet. Der restliche Aufwand für die 5 intensiven Nächte wurden als Betreuungskosten taxiert, für welche Familie und Pflegeinstitution aufkommen mussten.
Einen solchen Entscheid hatten Institution und Angehörige zwar von Anfang an befürchtet. Doch in der ausserordentlichen Situation hatten selbstredend Sicherheit und Schutz des verwirrten Mannes absolute Priorität – und nicht etwa die Detailprüfung aller möglichen und unmöglichen finanziellen Konsequenzen.

Und die Moral von der Geschicht’?
Wer für Pflege und Betreuung, für Sicherheit und Wohlergehen von Menschen in Abhängigkeitssituationen zuständig ist, setzt sich mit allem Können und Wissen für die ihm Anvertrauten ein. Die Gesellschaft beauftragt Fachleute in Institutionen mit dieser komplexen Aufgabe und erwartet zu Recht, dass sie diese kompetent und mit Menschlichkeit erfüllen. Doch wenn es um die Finanzierung geht, zeigt sich der Januskopf: Dann sind menschliche und soziale Regeln nichts mehr wert, dann herrscht die kalkulierend-emotionslose Finanzmathematik. Und damit gelten plötzlich die Regeln, die keiner, auch nicht der Gesetzesentwerfer oder das Behördenmitglied, für seine Familie oder für sich angewendet wissen möchte. – Höchste Zeit, dass dem Fachwissen Rechnung getragen wird. Höchste Zeit, dass den Lippenbekenntnissen Taten folgen! Es geht um das Wohlergehen der Generation, die den aktuellen Wohlstand überhaupt erst ermöglicht hat.

Sache git’s, die git’s gar nit.

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Sind Sie in der Alters- und Pflegeheimbranche tätig? Haben auch Sie einschlägige Erfahrungen mit dem Amtsschimmel oder dem Papiertiger gemacht? Dann bereichern Sie diesen Blog und schicken Sie Ihre Geschichte an Cette adresse e-mail est protégée contre les robots spammeurs. Vous devez activer le JavaScript pour la visualiser.!


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